Lange hat es gedauert, doch nun kommt endlich der heißersehnte Post zum Thema Bitte und Danke sagen. Ich dachte
irgendwie, dass ich ihn schon veröffentlicht hatte. Des Rätsels
Lösung war, dass ich ihn bereits vorverfasst hatte und damit dachte,
ich hätte ihn schon veröffentlicht. Aber jetzt! :)
Ich
will dabei betonen: Es geht mir nicht ausschließlich um den Umgang
mit Kindern, sondern auch, wie wir Erwachsenen miteinander umgehen.
Und meine Maxime dabei sind einerseits Klarheit (etwas genau so
sagen, wie ich es meine und empfinde), Persönlichkeit (von mir
sprechen, dem anderen sagen, was ich von ihm will) und Aufrichtigkeit
(meine Ziele und Motive nicht hinter Nettigkeiten verstecken). Aber
es ist mir auch wichtig, dass wir gut miteinander auskommen. Und
dazwischen eine Balance zu finden, das ist die große Kunst, glaube ich. Ich halte bitten können und
dankbar sein für positive Werte, weil sie eine gelassene,
bescheidene Haltung repräsentieren und damit entspanntes Leben und
Miteinander fördern können.
Ich höre öfter mal Erwachsene -
zum Teil recht streng - zu ihren Kindern sagen: "Sag mal danke".
Oder: "Was sagt man da?" Oder: "Wie heißt das
Zauberwort?" Insgeheim möchte ich dann jedes Kind dazu anfeuern, eine möglichst trocken-spitzfindige Antwort zu geben, a la: "Sag du es mir, du bist doch der Erwachsene." Oder: "Simsalabim?" :D
Aber natürlich sagen Eltern sowas nicht, um ihren Nachwuchs zu piesacken. Ihnen ist es offenbar sehr wichtig,
dass ihre Kinder lernen, bitte und danke zu sagen. Da fragt man sich: Was könnte
dahinter stecken? Ich glaube, dass Eltern wollen, dass ihre Kinder
sich anderen gegenüber höflich verhalten, damit diese (also die Kinder) im sozialen
Miteinander akzeptiert zu werden. Und ich kann mir vorstellen, dass
sie (die Eltern) manchmal auch vor anderen nicht als schlechte Eltern dastehen wollen, wenn ihr Kind
nicht bitte und danke sagt. Ich finde beides anerkennenswert, denn es
bedeutet, dass Eltern das Beste für ihre Kinder und für sich
wollen.
Und warum sage ich eigentlich Bitte und Danke? Nun ja... Ich habe
es so gelernt, dass man das eben so sagt, wenn man etwas will und
etwas bekommt. Ich sage also auch bitte und danke, um als höflich
wahrgenommen und akzeptiert zu werden. Die Erziehung hat also bei mir
gefruchtet, ich habe Bitte- und Danke-Automatismen entwickelt, juhuu!
;)
So weit, so gut. Aber was stört mich an der allgemeinen Bitte- und Danke-Kultur? Nun,
bezogen auf meine Maxime heißt das, dass das Ganze schnell etwas
Floskelhaftes, nur so dahin Gesagtes bekommen kann. Klarheit,
Persönlichkeit und Aufrichtigkeit werden zugunsten des
Miteinanderauskommens verwässert. Denn bitte ich tatsächlich immer
um etwas, wenn ich „bitte“ sage? Fühle ich mich wirklich immer
dankbar, wenn ich „danke“ sage?
Eine Bitte im Wortsinn ist
etwas dann, wenn ich auch damit klarkomme, wenn sie mir abgeschlagen
wird. Denn es heißt ja bitten und nicht fordern. Ich finde Fordern
nicht grundsätzlich falsch, denn es bedeutet, dass man an eine
Grenze geraten ist und diese dem anderen mitteilt (dazu gleich mehr).
Wenn die Forderung jedoch als Bitte verschleiert wird, kann es
passieren, dass mein Gegenüber aus allen Wolken fällt, wenn ich ihm
Vorwürfe mache, nachdem er und sie Nein gesagt hat. Also: Eine Bitte
ist dann eine Bitte, wenn sie ein Nein verträgt. Manchmal wird das
Wort "bitte" übrigens gezielt als Unterstreichung der
Forderung verwendet: "Würdest du BITTE endlich mal deine Schuhe
wegräumen?!" ;) Eine echte Forderung klingt eher so: "Ich
will (ich will es, ich bitte nicht darum), dass du jetzt sofort deine
Schuhe wegräumst!" Da ist dann jedem klar: Hier ist die Kacke
bereits am Dampfen.
Welche Möglichkeit hat man, vom Fordern
zum Bitten zu kommen? Und ich meine damit keine rein sprachlichen
Kniffe, sondern beziehe mich auf die innere Haltung. Nun, je mehr man
Verantwortung für sich selbst übernimmt, desto weniger muss man von
seinen Mitmenschen fordern, und desto mehr kann man bitten und ein
Nein akzeptieren. Aber das ist gar nicht immer so einfach! Was
vielleicht helfen kann, ist sehen zu lernen, welche
Handlungsmöglichkeiten man in einer bestimmten Situation hat.
Ganz
klassisches Beispiel in diesem Fall: Der Haushalt und wer was macht.
Wieviel Stress und Streit gibt es um dieses Thema und wie viele
Beziehung sind dadurch schon in die Brüche gegangen! Oft ist es so,
dass einer den Eindruck hat, fast alles alleine zu machen, während
der andere keinen Finger krumm macht. Man versucht es mit (falschen)
Bitten, Nörgeln, Jammern, Schimpfen... Eins ist klar: Mit den
letzten drei Varianten entsteht beim anderen wahrscheinlich keine
positive Motivation, nur Druck (da sind wir dann wieder bei der
Strafe: keine Einsicht, sondern Unterordnung oder Rebellion/passiver
Widerstand). Aber wie ich gesagt habe, eine Bitte ist es nur dann,
wenn ich ein Nein akzeptieren kann. Und das fällt leichter, wenn man
die Verantwortung für sich übernimmt und seine
Handlungsalternativen kennt. Grundsätzlich ist eine Beziehung immer
ein System, so dass an einem Problem immer beide Anteil haben (einer
will nicht alleine putzen, der andere beteiligt sich nicht). Das
bedeutet aber auch, dass beide etwas dazu beitragen können, das
Problem zu lösen. Man muss also nicht notwendigerweise darauf
warten, dass der passive Partner in die Gänge kommt. Und letztlich
ist es auch erstmal mein Gefühl und der andere ist dafür nicht
zuständig, dass ich mich gut fühle. Das heißt nicht, dass ich
Schuld habe, sondern vielmehr, dass ich nicht ohnmächtig bin! Los,
Brainstorming, welche Optionen man hat, ohne dass andere irgendwas an
seinem Verhalten ändert, 30 Stück!
Man könnte:
1.
beschließen, den Haushalt bewusst alleine zu machen, so viel wie man
schafft, der Rest bleibt liegen (Stichwort: Perfektionismus)
2. sich ein Putzsystem aneignen (z.B.
Flylady)
3. sich eine Haushaltshilfe holen
4. ausmisten, um
weniger Arbeit zu haben
5. in eine kleinere Wohnung umziehen, um
weniger Arbeit zu haben
6. getrennte Wohnungen nehmen
7. sich
trennen
8. weniger arbeiten, um mehr Zeit zum
Putzen zu haben (mein persönlicher Favorit! :D)
9. mehr Zeit draußen verbringen, um
den Dreck drinnen nicht so zu sehen (man macht auch automatisch
weniger Dreck, wenn man weniger zuhause ist, außerdem ist frische
Luft gesund und man entspannt)
Okay, die restlichen 21
Handlungsalternativen müsst ihr beisteuern, aber vielleicht hilft
das schon mal zu erkennen, dass man nicht darauf angewiesen ist, dass
der andere kooperiert. Natürlich sind nicht alle Optionen
gleichermaßen praktikabel oder angenehm, aber vielleicht hilft schon
das Wissen um sie, dass man eine echte Bitte formulieren und ein Nein
besser akzeptieren kann. Denn der andere hat ein Recht auf sein Nein.
Es kann aber auch ungeahnte Energien freisetzen, wenn der andere
merkt, dass er kann, wenn er möchte, und nicht muss. Ein
freundliches und ergebnisoffenes: „Hilfst du mir bitte mal in der Küche?“ wirkt ganz
anders als ein wütendes: „Immer muss ich hier alles alleine machen
und du liegst auf dem Sofa und es geht dich nichts an!“ (Sowas höre ich mich aber auch manchmal sagen *hust*) Aber wie
gesagt: Es geht mir nicht darum, lediglich anders zu reden, sondern
die Veränderung auch innerlich zu vollziehen.
Nun zum Dank. Damit
verbunden ist das Gefühl der Dankbarkeit. Und das persönlich halte
ich für ausschlaggebend: Empfinde ich wirklich Dankbarkeit, wenn ich
etwas bekomme? Dann ist ein Danke sicher angebracht. Oder bin ich
einfach nur froh und erleichtert, endlich etwas bekommen zu haben?
Dann könnte ich sagen: "Ich freue mich." Oder: "Was
bin ich froh/erleichtert." Oder wähnte ich mich eh schon die
ganze Zeit im Recht? Dann wäre vielleicht ein: "Na endlich!"
angemessen ;) Oder will ich die Erwartungen des anderen erfüllen,
weil ich weiß oder glaube, dass er auf ein Danke lauert, obwohl ich
über die zehnte Bleikristallvase von Tante Erna eher ärgere? Dann
kann ich mich fragen, ob es tatsächlich mein Wunsch ist, Tante Erna
zu bestätigen, und ob ich mit dem Preis, den ich dafür zahle,
einverstanden bin. Ich könnte sagen: „Du, Tante Erna, ich freue
mich sehr, dass du an mich gedacht hast und mir eine Freude machen
wolltest. Ich mag nur wirklich keine Bleikristallvasen, bitte schenk
mir keine mehr. Stattdessen würde ich mich über mit meinen Inititialen bestickte Handtücher mehr freuen.“ ;)
Seine Dankbarkeit kann man übrigens
fördern, indem man ab und zu mal innehält und überlegt, wofür man
gerade wirklich dankbar ist. Gesundheit, ein guter Lebensstandard,
Freunde, dass man gut geschlafen hat, wenn einem jemand hilft, dass
man den Kühlschrank voller Essen hat, dass man nicht 10 km zur
nächsten Wasserstelle traben muss, sondern mindestens zwei (!)
Wasserhähne in der Wohnung hat, wo nahezu immer klares, sauberes
Wasser rauskommt, usw. Welch ein Luxus! (Das kann natürlich auch
Schuldgefühle nähren, weil andere es nicht so gut haben... finde
einfach heraus, wo und wann du selbst Dankbarkeit verspürst). Und dann
kommt vielleicht öfter ein echtes Danke über deine Lippen.
Und
was machen wir jetzt mit den Kindern? Ich denke, da kann nur jeder
selber entscheiden, wie er selbst vorgehen möchte. Ich würde meinen
Kindern wohl kein Bitte und Danke antrainieren. Ich vertraue darauf,
dass sie selbst entscheiden könnten, ob sie mal bitte oder danke
sagen wollen. Ich würde es vorleben und dabei versuchen, möglichst
authentisch zu sein (ist es eigentlich authentisch zu versuchen,
authentisch zu sein? ;)): Bitten, wenn ich ein Nein akzeptieren kann.
Eine Forderung formulieren, wenn ich es nicht kann. Meinen
Handlungsspielraum erweitern, um mehr bitten zu können und weniger
fordern zu müssen. Danke sagen, wenn ich mich wirklich dankbar
fühle. Nicht danke sagen, wenn es nicht so ist. Und meine eigene
Dankbarkeit fördern. Und dann das Beste hoffen... ;)
Ein aufrichtiges DANKE für eure
Aufmerksamkeit :) Und BITTE, kommentiert gerne, wenn euch danach ist.